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Gestalten statt klagen: oder warum ein enttäuschendes Gerichtsurteil auch Chancen eröffnet

 Rechtsstaat bedeutet Urteile zu akzeptieren. Rechtsstaat bedeutet aber nicht, dass man über Urteile nicht enttäuscht sein kann. Die Enttäuschung in unserem Fall beruht weniger auf der Tatsache, dass es nun zu einer Neuwahl kommt, als auf dem Umstand, dass wichtige rechtliche Fragen nicht geklärt sind.

Wir nehmen zur Kenntnis, dass ein Wahlvorstand die von ihm durchgeführte und kontrollierte Wahl anfechten kann. Wir nehmen auch zur Kenntnis, dass der OGH nicht bereit war sein über dreißig Jahre altes Urteil (das in einer Zeit gefällt wurde als man Betriebsratswahlen noch am schwarzen Brett aushängte) zu überdenken und zuließ, dass man ohne Einspruch gegen das Wähler:innenverzeichnis gegen das Wahlergebnis klagen kann.

Dadurch wird das Missbrauchsrisiko erhöht, denn Anfechtungsberechtigte könnten ihre Anfechtung vom jeweiligen Wahlausgang abhängig machen. Mit anderen Worten: Bemerkt ein Arbeitnehmer, dass er oder andere Wahlberechtige in der Wählerliste fehlen, wäre es sogar unklug einen Einspruch einzulegen, weil es aus wahltaktischen Gründen von Vorteil wäre, das Wahlergebnis abzuwarten und (nur) im Falle eines unliebsamen Ausgangs eine Anfechtungsklage einzubringen.

Für uns stellt sich schon die Frage ob damit so eine Einspruchsverfahren nicht sinnlos ist.

Etwas komplexer ist allerdings ein anderer Punkt. Aus der ursprünglichen Behauptung der Klägerin es ginge um ca. 150 Personen und 4 Mandate wurden letztlich 17 Personen. Wären 11 dieser Personen zur Wahl gegangen und hätten für die DFU gestimmt, hätte sich der Mandatsstand von 11:5 auf 10:6 verändert.

Das Problem ist allerdings, dass man nur 36 Abs 1 ArbVG berücksichtigt hat, nicht aber den §107 des UG. Natürlich ist es aus Sicht eines Betriebsrats und Gewerkschafters wünschenswert, dass jemand der bereits Leistungen für einen Arbeitgeber erbringt auch als Arbeitnehmer angesehen wird. Im UG §107 ist jedoch auch klar ausgeführt, dass Arbeitsverhältnisse nur vom Rektor abzuschließen sind. Wir alle wissen, wie das in der Praxis aussieht. Lektor:innen, Studienassistent:innen, Tutor:innen und auch Projektmitarbeiter:innen  werden nicht immer sofort zum Semesterbeginn gemeldet, stehen oft auch noch gar nicht fest. Die Uni hat das Problem bislang gelöst, indem sie Verträge rückwirkend ausgestellt hat. Für das Wähler:innenverzeichnis ist das aber trotzdem schwierig. Die Personalabteilung kann niemand in das Verzeichnis aufnehmen, von dessen Existenz sie nichts weiß.

Ob sich das Wahlergebnis geändert hätte, stand nie wirklich zur Debatte. Grundsätzlich erfordert eine erfolgreiche Wahlanfechtung nämlich nicht den Nachweis eines Einflusses des Verfahrensmangels auf das Wahlergebnis; vielmehr reicht es aus, wenn der Fehler bei objektiver (was immer das sein soll) Betrachtung dafür geeignet war, das Wahlergebnis im konkreten Fall zu beeinflussen (Wir senden Interessierten gerne alle drei Urteile als auch die Schriftsätze unserer Anwältin zu.)

So enttäuschend die Urteile auch sind, für uns eröffnen sie auch eine neue Chance. Wir konnten in eineinhalb Jahren beweisen, dass wir hart arbeiten und so das Vertrauen in die Institution Betriebsrat wiederherstellen konnten. Das hat zur Folge, dass nun wesentlich mehr Kolleginnen und Kollegen bereit sind mit uns zu kandidieren. Wir können nun mit einem breiten Querschnitt der Universitätsangestellten unserer Uni antreten. Wir haben mehrere Generationen vertreten (unsere Geburtsdaten gehen von 1959 bis 2000), wir vertreten alle möglichen Beschäftigungsverhältnisse, alle 6 Fakultäten und immerhin 20 verschieden Organisationseinheiten. Dass die zwei erfahrenen ehemaligen DFU-Betriebsräte Nikolaus Bresgen und Andreas Paschon zu uns gewechselt sind, spricht wohl auch für sich.

Wir wollen weiter für Sie arbeiten. Dazu brauchen wir jede Stimme. Unsere jüngste Kandidatin hat es hervorragend formuliert:

 In Zeiten der internen Unruhestiftung braucht es einen Betriebsrat, dem Arbeitnehmer:innen vertrauen können!


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