Die LKU setzt sich für eine Entschärfung des §109 ein. Dazu gibt es lokale Möglichkeiten, wir werden aber auch bundesweit mit Betriebsräten anderer Unis und der Gewerkschaft zusammen arbeiten. Unser Wiener Kollege Karl Reiter (Betriebsratsvorsitzender der Uni Wien) hat uns freundlicherweise erlaubt diesen Text zu verwenden. Der Text stellt eine komprimierte Fassung der Neufassung des §109 dar.
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die UG-Novelle 2021 und hier auf den §109 Abs. 1 bis 9 und den §143 Abs. 83, 84, 85
Begriffserklärung der Begriffe, die in der Regel im UG nicht namentlich abgebildet sind, aber umgangssprachlich in allen Publikationen zu den Anstellungsverhältnissen an Universitäten verwendet werden:
- · Kettenvertrag: ein Kettenvertrag ist die Aufeinanderfolge von befristeten Anstellungsverhältnissen
- · Kettenvertragsverbot: Verbot der Aufeinanderfolge von befristeten Anstellungsverhältnissen – - dies ist österreichisches und EU-weit gültiges Arbeitsrecht und basiert auf der europäischen Sozialcharta - im UG2002 §109 mit Ausnahmen definiert
- · Global-Budget-Beschäftigte: sind Personen mit einem Dienstverhältnis zur Universität – die Bezahlung erfolgt aus dem Budget der Universität. Diese Arbeitsverhältnisse sind bei den Wissenschaftler_innen nach den §26, §27, §29 und §30 im Kollektivvertrag der Universitäten definiert.
- · Drittmittelbeschäftigte: sind Personen, die ein Dienstverhältnis zur Universität haben und deren Gehalt aus Geldern eines Projektes nach UG §26 (ad personam Projekte = Projektleitung und Verantwortung bei einer realen Person –z.B. FWF-Projekte) oder nach UG §27 (Projektleitung bei der juristischen Person Universität und vom Rektorat eingesetzter/eingesetzten Projektverantwortlichen – Außenverantwortung bei der Universität) bezogen wird.
- · Prädoc: sind Personen, die zum Zeitpunkt des Abschluss des Arbeitsvertrages noch kein Doktorat/Phd hatten und deren Arbeitsverhältnis nach KV §26 (Univ. Ass) oder KV §28 (Projektmitarbeiter_in) definiert ist. Wird während der Anstellung als Prädoc das Doktorat abgeschlossen, gilt man jedoch weiterhin als Prädoc.
- · Postdoc: sind Personen, die zum Zeitpunkt des Abschluss des Arbeitsvertrages ein Doktorat/PhD hatten und in der Ausschreibung der Stelle auch ein Doktorat gefordert war. Diese Arbeitsverhältnisse sind nach KV §26 (Univ. Ass) oder KV §28 (Projektmitarbeiter_in) definiert.
- · Studentische Mitarbeiter_in: sind Personen, die noch keinen Abschluss als Master oder Magister haben und ein Arbeitsverhältnis nach KV §30 haben (Studienassistent_in, Tutor_in)
- · Lektor_innen, USI-Kursleiter_innen: sind Personen, die als Angestellte der Universität gelten und ausschließlich in der Lehre eingesetzt werden und die kein unbefristetes Dienstverhältnis zur Universität haben. Zusätzlich als Lektor_innen gelten auch Personen mit Lehraufträgen, die über ihre vertraglich festgelegte Lehrverpflichtung („all inclusive“) in einem anderen Anstellungsverhältnis zur Universität hinausgehen.
- · Entfristete Lektor_innen, USI-Instruktor_innen: sind Personen, die als Angestellte der Universität gelten und ausschließlich in der Lehre eingesetzt werden und die ein unbefristetes Dienstverhältnis zur Universität haben.
- · Externe Lektor_innen, externe USI-Kursleiter_innen: sind Personen die einen freien Dienstvertrag (FD) zur Universität haben, d.h. diese Personen haben ein Arbeitsverhältnis vergleichbar einem Werkvertrag und müssen zur Ausstellung bestimmte Bedingungen erfüllen – z.B. ein Bruttoverdienst von 3330€/Monat aus einem anderen Arbeitsverhältnis. Diese Personen sind keine Angestellten der Universität und unterliegen daher nicht der Kettenvertragsregelung.
- · Werkvertragsnehmer_in: sind Personen, die keinen Dienstvertrag mit der Universität haben und nicht als Angestellte der Universität gelten.
- · Entfristung: die Umwandlung eines befristeten Dienstverhältnisses in ein unbefristetes Dienstverhältnis – eine Entfrsitung gilt nur für jenes Anstellungsverhältnis für das die Entfristung ausgesprochen ist – auf andere Anstellungsverhältnisse hat die Entfristung keine Auswirkung (z.B. entfristete Lektor_innen können keine Projektanstellungen über den maximalen Zeitraum einer möglichen Befristung annehmen)
Regelungen zu den Befristungen.
Der Paragraph UG §109 zur Regelung befristeter Anstellungsverhältnisse wird mit 01.10.2021 in Kraft treten und beinhaltet drei wesentliche Änderungen im Vergleich zur bisherigen Gesetzgebung.
1. Es gibt keine Unterscheidung zwischen Vollzeitbeschäftigung und Teilzeitbeschäftigung bei der Berechnung der maximalen Anstellungsdauer für ein befristetes Anstellungsverhältnis (EuGH-Erkenntnis: Diskriminierungsverbot)
2. Die bisherige Möglichkeit der Unterbrechung der Kette von einem Jahr oder mehr durch Unterbleiben eines Anstellungsverhältnisses zur Universität und darauf folgendem Neustart der Kette besteht nicht mehr.
3. Nach Erreichen der Befristungsgrenzen ist danach ohne Entfristung eine zukünftige Anstellung an der Universität nicht mehr möglich. An einer anderen Universität kann jedoch wieder ein Anstellungsverhältnis eingegangen werden.
Zwei Begriffe gelten als wesentlich bei der Berechnung der Befristungen:
· Zeitliche Dauer des/der Anstellungsverhältnisse: Summiert dürfen diese acht Jahre in einem befristeten Anstellungsverhältnis nicht überschreiten und das gilt für alle Formen von befristeten Anstellungen mit Ausnahme der studentischen Mitarbeiter_innen (max. 4 Jahre), Prädocs im Globalbudget (Regelung Universität Wien – max. 4 Jahre) und Ersatzkräfte („Vertretungen“=Karenzierungen – max. 6 Jahre).
Dabei darf jedoch keines der befristeten Anstellungsverhältnisse einen Zeitraum von 6 Jahren überschreiten.
· Anzahl der Anstellungsverhältnisse: Bei Globalbudget-Beschäftigten dürfen maximal drei Anstellungsverhältnisse eingegangen werden (= zweimalige Verlängerung) – bei Drittmittelbeschäftigten, Ersatzkräften und Lektor_innen ist die Anzahl der Anstellungsverhältnisse im möglichen Befristungszeitraum beliebig.
Bei der Feststellung der maximalen zeitlichen Höchstgrenze (in Summe acht Jahre) sind auch Anstellungsverhältnisse zu berücksichtigen, die vor dem 01.10.2021 liegen. Dabei werden alle Anstellungsverhältnisse – auch solche als allgemeines Personal oder als Lektor_innen - berücksichtigt.
Ein erneuter Arbeitsvertrag nach einer Unterbrechung von einem Jahr ist nicht mehr möglich.
Nach UG §143 Abs. 83 84, 85 gibt es Ausnahmen:
1. Lektor_innen
Für Lektor_innen beginnt am 1.10.2021 das Summieren der Dauer der Anstellungsverhältnisse neu – d.h. Lektor_innen können ab dem 1.10.2021 maximal acht Studienjahre befristete Anstellungsverhältnisse zur Universität haben und das ohne der Berücksichtigung aller früheren Anstellungsverhältnisse als Lektor_innen. Spätestens am 31. August 2029 müssen Lektor_innen entfristet sein, damit sie an der Universität weiter lehren dürfen. Es müssen folgende Tatsachen noch beachtet werden:
· Studienjahr im Sinne der Anstellungsverhältnisse dauert vom 1. September bis 31. August des folgenden Jahres. Sofern in diesem Zeitraum ein Lehrauftrag von beliebiger Dauer übernommen wird, gilt das gesamte Studienjahr als relevant für die Berechnung der maximalen befristeten Anstellungsdauer.
· Die Berechnung der Dauer der befristeten Anstellungsverhältnisse bei Lektor_innen erfolgt unbeschadet anderer Anstellungsverhältnisse zur Universität.
· Alle Lehraufträge, die Personen über der nach Kollektivvertrag festgelegten Lehrverpflichtung abhalten, unterliegen den Regeln für Lektor_innen. So unterliegen auch entfristete Lektor_innen und alle anderen Personen mit unbefristeten Anstellungsverhältnissen (z.B. Senior-Scientists, Senior-Lecturer, Professor_innen und auch Bundesbedienstete) für zusätzliche Lehre über der Anzahl der vertraglich festgelegten Lehrverpflichtung der Lektor_innen-Regelungen. Auch diese Personen müssen für ihre befristeten Lektorate bis spätesten 31. August 2029 entfristet werden. Das gilt auch für entfristete allgemein Bedienstete, die zusätzlich auch als Lektor_innen Lehraufträge haben.
2. Drittmittelangestellte:
Alle Zeiten der bis zum 1.10.2021 mit der Universität abgeschlossenen Arbeitsverhältnisse werden summiert und von der Summe vier Jahre abgezogen – die Differenz zwischen acht Jahren und der verbleibenden Summe bilden dann die maximale Anstellungsdauer bis zum Erreichen des Grenze für ein befristetes Anstellungsverhältnis. Das Ausmaß der früheren Anstellungen (auch geringfügige Anstellungen oder auch die Stellung als Selbstantragsteller_in / Projektleiter_in ist dabei nicht von Relevanz. Bei einer vorherigen Mischung von Global-Budget-Anstellungen und Drittmittelanstellungen sind alle Zeiten als Global-Budget-Angestellte/Angestellter zu berücksichtigen und nur für die als Drittmittelangestellte gilt die Vier-Jahres-Regel.
Vorhergehende Anstellungen als Lektor_in bleiben für die Berechnung der Befristungsgrenze unberücksichtigt.
Beispiele:
· es hatte wer bereits genau vier Jahre eine Anstellung in einem Drittmittelprojekt am 30.09.2021, so verbleiben danach noch alle 8 Jahre für eine weitere befristete Drittmittelanstellung
· es hatte wer in den letzten "Jahrzehten" in Summe bereits 12 Jahre in Projektanstellungen zugebracht, dann verbleiben leider auch nach Abzug der "freien" vier Jahre keine Zeiten für weitere befristete Anstellungen - aktuelle Anstellungsverhältnisse können jedoch bis Vertragsende auslaufen
· es hatte wer eine sechsjährige Postdoc-Anstellung als Globalbudgetbedienstet_e und eine zweijährige Postdoc-Anstellung in einem Projekt, so verbleiben noch zwei Jahre für eine weitere befristete Anstellungen ("negativ-Jahre" gibt es nicht)
· es hatte wer vor Jahren eine sechsjährige Postdoc-Anstellung als Globalbudgetbedienstet_e und nach einigen Jahren kommt man wieder an die Universität zurück, so verbleiben noch zwei Jahre für weitere befristete Anstellungen.
· es hatte wer eine zweijährige Anstellung als Studienassistent_in (zählt nicht) + 4 Jahre als Prädoc Globalbudget (zählt nicht) + danach 6 Jahre ein Lektorat und in diesem Zeitraum auch eine vierjährige Projektanstellung, so verbleiben noch zwei Jahre für eine weitere befristete Anstellung, da die Projektanstellung nicht zählen würde (vier Jahre), aber es eine Anstellung als Lektor_inn von sechs Jahren gab.
3. Besondere Regeln bei Anstellungsverhältnisse als Prädoc:
Von den Zeiten in Anstellungsverhältnissen als Prädoc (Globalbudgetangestellte, Drittmittelangestellte) werden von der Summe zur Berechnung der Grenze einer Befristung vier Jahre abgezogen, sofern das Arbeitsverhältnis in einem untrennbaren inhaltlichen Zusammenhang mit einem Doktoratsstudium/ PhD-Studium stand und folglich in der Zeit der Anstellung nachweislich an einer Dissertation gearbeitet wurde. Als Nachweis gilt z.B. eine abgeschlossene Dissertationsvereinbarung.
Aus dieser Ausnahmeregelung folgt, dass man als Prädoc bzw. folgend als Postdoc bis zu 12 Jahre an der Universität angestellt sein kann (vier Jahre als Prädoc und dann noch acht Jahre in einem anderen Arbeitsverhältnis). Es muss das Doktorat/PhD nach vier Jahren nicht abgeschlossen sein, aber die folgenden Jahre als Prädoc gelten dann nicht mehr als nicht zu berücksichtigende Prädoc-Zeiten.
Dabei darf jedoch die maximale Anzahl von Anstellungsverhältnissen aus Anstellungen aus dem Globalbudget – drei an der Zahl – nicht außer Acht gelassen werden. Die Nichtberücksichtigung von vier Jahren als Prädoc für die Festlegung der maximalen Anstellungsdauer bezieht sich nicht auch auf die maximale Anzahl von Anstellungsverhältnissen bei Anstellungen, die aus dem Globalbudget finanziert werden.
4. Studentische Mitarbeiter_innen:
Zeiten als studentische Mitarbeiter_innen, die nach KV §30 auf vier Jahre begrenzt sind, werden für die Berechnung der maximalen Anstellungsdauer in einem späteren befristeten Anstellungsverhältnis nicht berücksichtigt. Dabei ist zu beachten, dass z.B. auch eine geringfügige Anstellung eines Studierenden im Rahmen eines Drittmittelprojektes (Anstellung nach KV §28) für die Berechnung der Höchstgrenze einer befristeten Anstellung relevant ist.
5. Bestehende Arbeitsverhältnisse:
Besteht ein aktives Anstellungsverhältnis über den 1.Oktober 2021 hinaus oder wird ein bestehendes Arbeitsverhältnis als Projektmitarbeiter_in im selben Projekt verlängert, ist die derzeitige Rechtslage weiterhin anzuwenden. Dies gilt auch für den Fall einer einmaligen Verlängerung (einmalige Verlängerung auf 10 bzw. 12 Jahre nach derzeitiger Rechtslage). Nach Beendigung des bestehenden Arbeitsverhältnisses und einer nicht erfolgten Entfristung der betroffenen Person, ist jedoch die Rechtslage mit Gültigkeit ab dem 1. Oktober 2021 anzuwenden.
6. Unterbrechung von Anstellungsverhältnissen befristet Angestellter:
Arbeitsverhältnisse können unterbrochen werden – entweder auf Grund einer Karenzierung (vergl. KV §20) nach den Vorgaben des KV §20 oder dass auf ein befristetes Arbeitsverhältnis ein weiteres Anstellungsverhältnis nicht unmittelbar folgt. Im zweiten Fall stoppt die Summierung der Zeiten in einem befristeten Arbeitsverhältnis, aber an dieser Stelle sein nochmals darauf verwiesen, dass Unterbrechungen keinen Neustart der Kette bewirken.
7. Aktuelle Unklarheit im Gesetz
Die Formulierung „innerhalb von acht Studienjahren“ bei Lektor_innen (§109/ Abs. 6) ist etwas unklar, daher ist eine Aussage zur Frage, ob der erste Lehrauftrag und der letzte Lehrauftrag in einem geschlossenen Zeitraum von acht Studienjahren gilt oder ob Studienjahre in denen keine Lehre abgehalten wurde nicht für die Berechnung der Befristungsgrenzen zählt, nicht abschließend zu beantworten – aber vermutlich gilt Ersteres.